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MENSCH
Videosynthese von
ManfredHulverscheidt


Weitere Begegnungen

In einem Raum der jesuitischen University of Detroit-Mercy sprach ich mit Father John Staudenmaier, ebenfalls Historiker, Verfasser und Herausgeber zahlreicher Publikationen zum Thema Technik und Kultur. Er entwickelt und vertritt die These, daß die elektrisch bestimmte Technologie eine Aufwertung des Lichts bei gleichzeitiger Abwertung der Dunkelheit vornimmt, die ebenso wie die Betonung von Präzision und Meßbarkeit (versus Ablehnung von Ungefährem und Zweideutigem) das Verhältnis zu unserem natürlichen menschlichen Körper auf fatale Weise verändert: "Wir bewegen uns mit dem Tempo des Blutstroms, der unsere Körper durchfließt, während unser Nervensystem auf die Außenwelt reagiert und wir bewegen uns im Rhythmus unserer Hormone. Das ist die Art, wie sich das menschliche Tier bewegt und denkt und fühlt und schmeckt und Entscheidungen trifft. Aber ein sehr großer Teil der Welt, in der wir jetzt leben, bewegt sich in Lichtgeschwindigkeit.

Hartmut Runge, Sprecher der Siemens Forschungs- und Entwicklungsabteilung, erinnert daran, wie komplex die natürliche Sprache und Intelligenz der Menschen im Vergleich zur sequentiellen Logik von Computersystemen aufgebaut ist. "Das Schlimme an der menschlichen Kommunikation ist, daß sie so unglaublich unscharf ist; also man drückt sich ja fast nie exakt aus, - und deswegen haben wir die Gestik und die Mimik dazu." Und diese Gestik und Mimik zu verstehen und auf eindeutige Weise für die Rechner interpretierbar zu machen, ist der Siemens-Forschungsabteilung ein großes Anliegen.

Der Film ELEKTROMENSCH mimt die Gestik des Elektrischen, indem er seinem Titelgeber Harry Piel eine hommage widmet. Dieser deutsche Regisseur und Tausendsassa kam 1916 mit einem Zukunftsfilm namens Der Elektromensch heraus, welcher auch Die große Wette hieß. Titel und Drehbuch dieses seit langem verschollenen Films haben den ELEKTROMENSCH aus dem Jahre 2002 mitinspiriert.

Hilfreiche Engel

Irgendwo mußten Spuren dieses Films zu finden sein und es waren Rolf Giesen und Martin Koerber vom Deutschen Kinomuseum Berlin, die mich auf die Spur eines weiteren Zukunftsfilms von Harry Piel brachten, des Films Der Herr der Welt a.d.J. 1934. Ein mad professor (Prof. Wolf - Hartmut Franck) leitet das Forschungslabor einer großen Bergbaufirma und gräbt sich dort ein, weil er angeblich mit der Entwicklung von Robotern beschäftigt ist. Es stellt sich heraus, daß ihm viel mehr an der Entwicklung einer riesigen "Kampfmaschine" gelegen ist, die er dem doktorierten, von deutschem Idealismus geprägten Firmeninhaber (Dr. Heller - Walter Janssen) für die Niederschlagung von Rebellionen und Streiks empfiehlt. Die als Film-im-Film-Fortsetzung angelegte Montage dieser einfachen alten Geschichte um Männer, Macht und Maschinen mit jüngeren Industriefilmen brachte ein weiteres Element in die Videosynthese ein: eine Zeitreise durch die filmische Phantasmagorie der Elektrizität, wie sie insbesondere in Filmen wie Impuls unserer Zeit a.d.J. 1955 zum Ausdruck kommt, einer wahren Hymne des (von Siemens beauftragten) Regisseurs Otto Martini auf das elektrische Zeitalter. Wir sind darum dem Archiv im Münchener SIEMENS-Forum, dessen Leiter Dr. Lothar Schoen und dessen Mitarbeiter uns bei der Recherche und Auswahl auf kompetente Weise unterstützt haben, zu grossem Dank verpflichtet. Ebenso dem Berliner AEG-Archiv und seinem Leiter Jörg Schmalfuß, dem wir verdanken, daß die filmischen Dokumente auch einige Filmausschnitte aus der Zeit des 1. Weltkriegs und den frühen 20er Jahren einschließen.

Das Henry Ford Museum in Greenfield Village, einem Park in Dearborn (Detroit) ist ein umwerfendes Beispiel für eine lebendige Museumskultur. Neben vielen 1:1-Nachbauten, zu denen z.B. das Fahrradgeschäft der Gebr. Wright gehört, sind es die unverkrampften Vorträge seiner an bestimmten Brennpunkten postierten Mitarbeiter, von denen ich wie viele andere als wandernder touristischer Zaungast profitierte. Henry Ford war ein enger Freund Thomas Alva Edisons. Sie repräsentieren vielleicht in personae jene sogenannte zweite industrielle Revolution, die durch Elektrifizierung, Erfindergeist und wissenschaftliches Management charakterisiert war. Als Edisons erstes professionelles Erfinderlabor, ein ländlicher Hüttenkomplex aus den 70er Jahren des 19. Jh. in Menlo Park, New Jersey, bereits - wie vieles in Nordamerika - dem Verfall und der Plünderung preisgegeben war, ließ Ford diesen Komplex aus einigen erhaltenen Resten und mithilfe von Fotos und Zeichnungen rekonstruieren und wiederaufbauen.

Der Historiker Ulrich Wengenroth hat ganz zuguterletzt nicht nur den Text des Films einer kritischen Betrachtung unterzogen. Durch seine blitzartigen Einfälle und spontanen Materialhilfen per internet konnten in letzter Minute letzte Lücken auf elegante Weise geschlossen werden. Zur immer wieder beachtlichen Sammlung des Deutschen Museums in München gehören die im Video gezeigten Computer der ersten Generation, z.B. Konrad Zuses Z3, der erste digitale Rechner der Welt aus dem Jahre 1941.

Ein zentraler Leitgedanke des Films war: Elektrizität ist eine unsichtbare Energie, die alles zu ihrem Medium macht. Reibung und Erregung, Kontakt und Widerstand, Isolation und Fluß, Polung und Magnetisierung, Impuls und Spannung, Ladungsmenge und Widerstand, - was wäre Elektrizität, wenn nicht die Musik des Universums? Georg F. Schenck, dessen Interpretation der Hammerklaviersonate op. 106 des Ludwig Van B Elektrizität wie reine Musik realisiert, hat mich an die frühen Werke von Karl-Heinz Stockhausen erinnert. Denn welcher Komponist hat elektrisch geformte Klänge so frühzeitig und so intensiv ins Universum der Musik eingebracht wie er? Seine frühen Kompositionen "Studie I" (1953), "Studie II" (1954), besonders aber "Gesang der Jünglinge" (1955/56) und "Kontakte" (1959/60) haben am Ende die musikalische Leitlinie des Videos gebildet. Und so ist der ELEKTROMENSCH nicht zuletzt von dieser zauberhaft verwegenen Musik geprägt, zu der sich szenenweise u.a. die Moog-Syntheziser-Tunes von Dick Hyman und zwei Songs von Paul Burch gesellen.

Howard Harrington stand mit technischem Rat und Hilfe zur Seite. Gute Musiktips gab Remo Park, in dessen Berliner Tonstudio gefiltert und gemischt wurde. Von Carl Hulverscheidt stammen die immer wieder hörbaren Knack- und Spratzlaute der frühen Radiozeit. Zu danken ist ferner Elke Böckstiegel für ihre tadellose Beratung und Mediation, Joachim Nettelbeck und Peter Funken für Vermittlung und Belesenheit, Diane van Buren Jones, Earnie Zachary, Charlotte Marsau, Hermann Bohlen, Francesco Sacco und Til T. Radevagen für ihren guten Geist, ihren Rat und, nicht zuletzt viele andere ... v.a. uva u.v.a. ...

Termin und Ort für die Premiere der Kinofassung werden bald bekanntgegeben. Sendetermin der Fernsehfassung im Rahmen des arte-Themenabends "Unter Spannung - die Kraft der Elektrizität", Donnerstag, 25. April 2002 - 22 Uhr 45, Redaktion: Kathrin Brinkmann.
Nähere Informationen zu diesem Themenabend finden Sie unter www.arte-tv.com .

 

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Da geht dem Zuschauer ein Licht nach dem anderen auf...
(Neue Osnabrücker Zeitung Review)

^^



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