arte-Themenabend
Unter Spannung
"die Kraft der Elektrizität" Donnerstag,
25. April 2002 - 22 Uhr 45
Kamera:
Manfred Hulverscheidt, Antje Schäfer Ton, Assistenz
(Regie und Schnitt): Simin Mohammadi Sprecher: Renate
Fuhrmann, Jochen Kolenda Koordination: Cornelia
Volmer Buch, Mischung, Schnitt: Manfred Hulverscheidt
Produktion: HDTVideo, Berlin, arte/ZDF, Mainz, Tag/Traum,
Köln,
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Sie
ist eine mysteriöse Kraft, eine unsichtbare Hand, die
steuert, lenkt und regelt. Kein Mensch kann sie in wenigen
Sätzen definieren, - es sei denn, Sie gehörten zu
den wenigen naturwissenschaftlich Gebildeten, die z.B. wissen,
was ein "Transport von Ladungsteilchen" ist: Elektrizität.
Trotzdem bietet im Jahre 2002 ein führender Vertrieb
von Elektronik und Technik auf 1883 Katalogseiten einer breiten
Kundschaft über 12 000 Artikel an, die oft wunderliche
Namen tragen wie HEIßLEITER, KALTLEITER, MONOSTABILES
TK-PRINTRELAIS, ELEKTROLYTKONDENSATOR, FUßWINKELTRANSFORMATOR,
ENTSTÖRDROSSEL - aber auch ganz vertraute wie
MONITOR, DIKTIERGERÄT oder CD-BRENNER. Manchmal ist es,
als hätte jemand die Rückwand seines Fernsehers
abgeschraubt, dessen Innenleben sorgfältig zerlegt, die
Teile beim Namen und ihrer Leistung genannt, ganz im Vertrauen
darauf, daß sie für irgendeinen Konstrukteur irgendeines
Systems nützlich sein können. Und dann wieder erfahre
ich beim Durchblättern, daß ich seit Jahren einen
SCHNURZWISCHENDIMMER für meine Stehlampe benutzt habe.
Die
Worte des Elektromenschen sind so verwirrend wie ein Kabelgestrüpp.
Ein Film über ihn sollte darum wortkarg sein. Wenig wird
in diesem Film erklärt und vorgetragen, aber das mit
Gewicht. Der amerikanische Historiker Thomas
P. Hughes, Autor des Buches "American
Genesis" (dt. Ausgabe: "Die Erfindung Amerikas"),
berichtet von seinen historischen Erkundungen auf dem Gebiet
der Elektrizität, und interpretiert seine Beschäftigung
mit unabhängigen Erfindern wie Thomas A. Edison als Versuch,
"den Kern des amerikanischen Charakters verständlich
zu machen, zumindest für mich selbst." Er erinnert
daran, daß wir erst heute die Tragweite der Aktivitäten
jener Individuen zu durchschauen beginnen, die von den Möglichkeiten
elektrischer Energie zu Erfindungen inspiriert wurden, aus
denen professionelle Anwender dann Systeme bauten, oder jene
Erfindungen in diese einfügten. Systembau ist der Kern
des elektrischen Zeitalters.
Nachdem
das warm-funzelige Licht der Glühbirne Edisons in unserer
Zeit kalt und aufdringlich geworden ist, - nachdem unsere
unmittelbaren Vorfahren mithilfe gigantischer Kraftwerke Atombomben
gebaut und kurz darauf abgeworfen haben, deren kosmische Explosionskraft
nur mithilfe elektrischer Rechenmaschinen bestimmt werden
konnte, - nachdem schließlich die individuelle Schöpferkraft
von self-made men wie Nicola Tesla, Lee de Forest,
Edwin Armstrong u.v.a., die ihre Problemstellungen und Lösungswege
frei und unabhängig bestimmten, abgelöst wurde durch
das teamwork von Forschungsabteilungen großer Konzerne,
- ist eine zweite Natur entstanden, zumindest ein Ersatz für
die natürliche Umwelt, der sich dem Einfluß der
waltenden Menschen systematisch zu entziehen scheint.
"Ich glaube nicht, daß unseren Groß- und
Urgroßeletern, die um 1900 gelebt haben, wirklich klar
war, daß sie verantwortlich waren für die Welt,
die sie schufen."
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